DAS

Turnierspiele an den fürstlichen Höfen erhielten immer eine angemessene festliche Umrahmung und dauerten mehrere Tage bis Wochen. Trotz zahlreicher Sicherheitsvorkehrungen war dieser Sport nicht ganz ungefährlich; schwere, mitunter tödliche Verletzungen blieben nicht aus. Heinrich VIII: von England wurde 1524 beinahe getötet, weil er versäumt hatte, sein Visir herunterzuklappen und 1559 starb Heinrich II. von Frankreich an einer auf dem Turnierplatz empfangenen Wunde. Das farbenprächtige Spiel und nicht zuletzt dieses Risiko machten einen Teil seiner Anziehungskraft aus.

Die Vielzahl in kurfürstlichen Rüst- oder Harnischkammern aufbewahrten Turnierharnische dienten nicht nur dem eigenen Bedarf, sondern auch der Ausstattung der Turnierteilnehmern, die sich eine eigene Turniergarnitur nicht leisten konnten. Ein guter Turnierharnisch mit Wechselstücken für verschiedene Turnierarten kostete bei dem Augsburger Plattner Anton Pfeffenhausen etwa 200 Taler. Für eine vollständige Rüstung mit vergoldetem Harnisch und Sattel konnten bis zu 7000 Talern gefordert werden. Die zu den Rennen erforderlichen sicheren, nicht scheuenden und kräftigen Pferde waren ebenfalls rar. Deshalb wurden sie gatauscht, verliehen oder verschenkt.

Um 1500 kam in Deutschland eine neue Turniergattung auf, die bald dem Stechen seien Rang streitig machen sollte; das Rennen. Für das Rennen bildete sich an den verschiedenen Höfen eine verwirrende Vielfalt an Varianten heraus.

Der “Freydal” Kaiser Maximilians I. registrierte folgende prägnanten Arten:

  • Das Geschiftrennen mit der Unterscheidung von Geschifttartschen- und Geschiftscheibenrennen
  • das Scharf- oder Schweifrennen
  • das Bundrennen
  • das Anzogenrennen
  • das Krönl (-rennen)
  • das Feldrennen

Bei allen Rennarten kam es darauf an, den Gegner vom Pferd zu Rennen. Die beiden unter Geschiftrennen zusammengefassten Turniergattungen hatten das Ziel, einen auf der Rennbrustmitte angebrachten Federmechanismus durch den Stoß der Rennstange auszulösen. Gelang dies, so schleuderten im Geschifttartschenrennen zwei Hebelarme die Tartsche aufwärts, und die darauf gespannten Schiftkeile prallten auseinander. Im Scharf- oder Schweifrennen erschien der Reiter im Rennzeug, ohne Aum- und Beinzeug, und versuchte, dir Tartsche des Gegners so zu treffen, daß sie aus dem Haken gehoben wurde und herabfiel. Beim Bundrennen war die Tartsche mit einem Mechanismus an der Bundrennbrust befestigt, der es ermöglichte, daß sie über den Kopf wegflog. Diese Abart galt als besonders gefährlich, weil das Gesicht nicht durch einen Rennbart, sondern lediglich durch eine Laufschiene für die Tartsche gesichert war. Im Anzogenrennen wurde die Tartsche fest an die Rennbrust angeschraubt (anzogen). Die Stangen sollten gebrochen und der Gegner “abgerannt” werden. Zum Krönelrennen trat ein Gegner im Stechzeug, der andere im Rennzeug in die Schranken. Krönlrennen hieß das Turnier deshalb, weil der mit dem Stechzeug ausgerüstete Gegner die in einem Krönlein endende Stechlanze trug. Die Absicht des Kampspieles lag im Brechen der Stangen und im Fällen des Gegners. Im Feldrennen erschienen die Beteiligten im Rennzeug mit Arm- und Beinzeug (wie im Feld) auf der Bahn und versuchten ausschließlich, einander die Stange zu brechen.

Zu den Ausrüstungsgegenständen des Rennzeuges gehören:

Die Kopfbedeckung des Rennzeuges bildet der Rennhut, dessen Form ganz der Schaller entsprechen, mit Sehspalt, jedoch ohne Visir. Die Stirnseite wird durch zwei Platten (Stirnplatten) verstärkt, welche mit Federlappen an das Stirnstück befestigt werden. Auch hier finden sich mit Messing gefütterte Löcher zur Befestigung des einfachen Helmschmuckes, der beim Rennhut leichter und weniger auffällig erscheint und meist nur aus Federn bestand.

Die Brust ist im Allgemeinen wie die Stechbrust mit Rüst- und Rasthaken versehen. An die Brust wird ein sogenannter “Bart” aus Eisenblech geschraubt, der die Hälfte des Gesichtes deckt. An das Magenblech schließen sich die Bauchreifen und an diese die Rennschösse, die meist geschoben sind.

Der Rüsthaken ist gewönlich in den Armlöchern, am Nacken und unterhalb derart tief ausgeschnitten, daß er nur wie ein kreuzweise gelegtes Band erscheint. Am Unterrande des Rückens ist, wie beim Stechzeug, das Schwänzel angenietet. Rüsthaken und Rasthakenschiene ist ganz wie beim deutschen Stechzeug.

Die Renntartsche: Sie ist von Holz, an den Rändern unterhalb mit Eisenblech verstärkt und mit geschwärztem Kalbsleder überzogen. Um bequem an die Rennbrust befestigt werden zu können, schmiegt sie sich in ihrer Form ganz der Form der Brust und linken Schulter an und ist nur am Unterrande etwas nach vorne gebogen. Ihre Größe ist, je nach Art ihrer Verwendung verschieden. Im Schweif- oder Bundrennen reicht sie nur bis an den Hals, während sie beim Anzogenrennensich bis zum Sehspalt des Rennhutes erstreckt. Bei allen Rennen, wo die Stechtartsche beim Stoße nicht mit einem “Geschift” versehen ist, erscheint sie in der Regel mit Stoff in der Farbe und mit den Emblemen der Roßdecke überzogen.

Die Rennstange: leichter als die Stechstange und von weichem Holze. Sie besitzt eine Länge von etwa 380 cm, hat eine Stärke von 7 cm, was einem Gewicht von ca. 14 kg entspricht. Sie besteht aus einem gerade gewachsenem, entrindetem Fichten- oder Tannenbäumchen, das in den meisten Fällen keinerlei weitere Zurichtung am Holze erhielt. Am oberen Ende ist das Scharfeisen angebracht, das aus eine Hülse besteht, auf der eine kurze Spitze sitzt. Die übrigen Bestandteile sind denen der Stechstange gleich; nur wird anstelle der Brechscheibe der sogenannte Brechschild an die Stange geschraubt. Dieser Brechschild hat eine größere Ausdehnung und eine andere Form, der bei eingelegter Stange den ganzen Arm des Renners bis an dessen rechte Schulter deckt.

Schutz der Arme und Beine: Beim Schweifrennen, Bund- und Anzogenrennen trugen dieRenneer statt des Armzeuges dickgepolsterte, abgesteppte Ärmel aus Wolle oder Seidenstoff. Schenkel und Knie deckten stark in Eisen gehaltene, 12 kg schwere “Dilgen”, welche mittels Riemen quer über den Sattelkopf gehängt wurden. Die Füße schützten dick ausgepolsterte Schuhe vor Quetschungen. Die Rennsporen wurden über die Schuhe geschnallt. Das Gewicht des Rennzeuges sammt Tartsche beträgt ca. 41 kg.

Das Roßzeug: Daß die Renn- und Stechpferde eine ganz besondere Dresur erforderten, ist bekannt. Am Hofe Kaiser Maximilian I. wurden die Pferde für die Ritterspiele in eigenen Stallungen gehalten, sie waren so selten, daß man sie sich gegenseitig ausborgte. Zum Turnier benötigte man besonders kräftige, unnervöse und gut abgerichtete Pferde. Zum Rennen bekamen sie die Roßdecke mit geschlossenen Augen angelegt und wurden mit einem Schellenkranz am Hals geziert.

Alle fotografierten Rüstungen stammen aus der Rüstkammer in Wien

Texte aus:
BuiltWithNOF

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